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Ein arktischer Pfannkuchen - der
Elefantenfußgletscher auf knapp 81 Grad im Nordosten
Grönlands. Einer der Höhepunkte beim Flug zum Nordpol 2012. |
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Spannender
Tagesausflug zum Nordpol +++ Historisches Amundsen-Relikt an
Bord |
Eisiger
Pfannkuchen in der Arktis |
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An
Bord des airberlin-Airbus A330-200 ist es voll. 280
Passagiere wollen zum Nordpol. Bereits zum sechsten Mal
arrangiert die Deutsche Polarflug einen Tagesausflug zum
nördlichsten Punkt auf dieser Welt. Es ist nach fünf Flügen
ab Düsseldorf der Erste ab Berlin.
Die
Stimmung ist gut. Die Mannschaft ist bestens eingespielt und
freut sich ebenfalls auf die Arktis. „Es ist jedes Mal ein
kribbelndes Gefühl am Nordpol zu sein. Da läuft es mir
eiskalt den Rücken herunter.“, gesteht ein
Nordpol-Verrückter, der bereits mehrere Mal mit der
Deutschen Polarflug am Pol war.
Doch er
muss sich erstmal gedulden. Zwar ist die weiß bedeckte
Bäreninsel wie schon im Vorjahr fantastisch glasklar aus
zehn Kilometern Höhe zu erkennen, aber diesmal hält sich
Spitzbergen ziemlich bedeckt.
Ab dem
83. Breitengrad ist Schluss mit den Wolken. Eine
beeindruckende freie Sicht begleitet den Airbus bis zum Pol
und dann die grönländische Ostküste entlang.
Große Begeisterung! Die Passagiere jubeln, als nach fünf Stunden Flugzeit
der Nordpol im Sinkflug erreicht wird. Gegen 13.00 Uhr
deutscher Zeit dreht Kapitän Wilhelm Heinz seine Kurven am
Nordpol und durchfliegt alle Zeitzonen dieses Planeten. Das
Packeis zeigt sich mit all’ seinen Rissen und Rillen. Hier
weht der Wind immer aus Südrichtung, hier ist der Norden
Süden. Die Passagiere stoßen mit Champagner, Marke Piper Heidsieck, an.
„Selbst
wenn der Amerikaner Robert Peary 1909 sich dem Pol nur bis
auf 110 Kilometer genähert und nicht erreicht haben sollte,
ist das angesichts des zerrissenen und driftenden Packeises
eine dennoch enorme Leistung!“, sagt der Nordpol-Verrückte, der
extra vom Niederrhein angereist ist und seinen Namen nicht
verraten will. „Das glaubt mir zuhause doch eh keiner.“,
lacht der 51-Jährige. In seinen Ohren hat er die Stöpsel
seines MP3: „Na klar, Arctic von I’m Kingfisher (Thomas
Denver Jonsson). Ein junger Musiker aus Schweden. Das ist
der pure Norden. Das ist meine Musik zu den
Nordpolentdeckern!“
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[Fortsetzung
der Reportage unter den Fotos] |
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Nebelige Aussichten auf Spitzbergen. |
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Bestes Wetter
am Nordpol. Der Airbus kreist in 1.200 Metern Höhe um den
imaginären Nagel. |
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Ganz genau der
Nordpol. |
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Auffällig ist
die überwiegende Querrichtung der Risse zur Nordrichtung. |
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Die Schründe
der Arktis. |
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Die Arktis in
einer ihrer wohl schönsten Form. |
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Kaum ist das Eis gebrochen, friert
es wieder fest.
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Wenn der Wind
handfeste Spuren hinterlässt. |
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Wettrennen des
Gletschereises. |
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Markantes
Licht- und Schattenspiel an der grönländischen Ostküste.
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Das Vorhaben
von Roald Amundsen brachte Flugkapitän Wilhelm Heinz jetzt am
5. Mai 2012 zum
Abschluss. Er führte ein Teil des legendären Dornier Amundsen-Wal
nach 87 Jahren zum Nordpol.
(s.
unten) |
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Fortsetzung |
Langeweile kommt in den zwölf
Stunden nicht auf. ESA (European Space Agency)-Wissenschaftler Alexander Soucek, schon
auf den vorherigen Nordpol-Flügen der Deutschen Polarflug mit
dabei, informiert in seiner lebendigen und fesselnden Art von
der Arktis und vom Weltraum. Als weiterer Lektor erzählt der
norddeutsche Journalist Dr. Peer Schmidt-Walther, der bereits
1990 auf dem Eis am Nordpol stand, von seinen Erlebnissen in der
arktischen Eiswüste.
Nach dem Nordpol steigt der
Airbus wieder auf Reiseflughöhe und steuert in Richtung
Grönland. Bestes Wetter auch hier. Peary-Land, die
Nordostküste Grönlands, kommt in Sicht, bei knapp 81 Grad
wandert der gigantische Elefantenfußgletscher ins allgemeine
Sehfeld. Alle Passagiere wollen an der Steuerbordseite an die
Fenster. Majestätisch schiebt sich der überdimensionale
Schneepfannkuchen an den Luken vorbei. „Ein faszinierendes
Naturschauspiel!“, staunen die Passagiere. Ein Mitreisender will
mithilfe eines Online-Landkartenprogrammes nachgemessen haben,
dass die Breitenausdehnung des Gletscherabflusses geschätzte
sieben bis acht Kilometer betragen soll.
Mit an Bord ist auch ein alter
Bekannter, Alfred Zeilinger (55). Der Techniker kommt extra
aus Österreich nach Berlin, war bereits zwei Mal mit am
Nordpol: „Es ist immer wieder unglaublich fesselnd!“
Weitere tolle Eindrücke folgen
ununterbrochen. Mehr als zwei Stunden dauert die Passage der
grönländischen Küste in etwa 3.500 Metern Flughöhe gen Süden. Um 16.29 Uhr ist der kleine
Flugplatz Constable Pynt in einem nördlichem Seitenarm des Scoresby-Sund
gelegen in Sicht. Seit dem Verlassen der norwegischen Küste am
Vormittag das erste sichtbare Zeichen von Menschen am Boden.
Wenn es kleine Probleme gibt,
hilft die Mannschaft sofort weiter. Am Ende des Fluges bedankt
sich ein spontan ausgeguckter Sprecher der Passagiere in den
Mittelreihen bei den Passagieren an den Fenstern für das tolle
Mal-ans-Fenster-lassen während der letzten Stunden. Applaus
brandet auf. Und selbst unmittelbar nach der Landung, sonst
eher ein Charterflug-Phänomen, klatschen praktisch alle
Passagiere, zollen dem Kapitän Wilhelm Heinz, seiner Co-Pilotin
Patricia Jösch und der Crew
Anerkennung und Respekt für diese perfekte Tour.
Kapitän Wilhelm Heinz hat noch
etwas Besonderes im Cockpit. Denn auf seinem Flug begleitet
ihn ein Stück echt arktischer Geschichte, ein kleines Blechstück eines berühmten Flugzeuges,
nämlich des legendären Amundsen-Wal, des Dornier-Flugbootes
N-25.
Ein Sammler hat dieses Blechteil
Kapitän Wilhelm Heinz zur Verfügung gestellt, um es seiner
ursprünglichen Mission zuzuführen. Kapitän Wilhelm Heinz: „So
erreicht wirklich ein Teil des legendären Amundsen-Wal nach 87
Jahren den Nordpol!“ Die Passagiere können es aus nächster
Nähe betrachten und fotografieren. „Jetzt am 25. Juli soll ein
1:1-Nachbau des Dornier Amundsen-Wal von der Restaurationswerkstatt in
Ungarn nach Friedrichshafen an den Bodensee gebracht werden.“
, erklärt Veranstalter Sven Maertens, „Dort wird das Flugboot
im Dorniermuseum ausgestellt.“ (S. untenstehenden Kasten.)
Die zwölf Stunden und fast
10.000 Kilometer sind ein Erlebnis der besonderen Art. „Das
Wetter war diesmal außergewöhnlich gut!“, resümieren Manuel Kliese
und Sven Maertens vom Veranstalter Deutsche Polarflug. „Wir
hoffen, 2013 wieder einen Flug zum Nordpol durchführen zu
können.“
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amundsen |
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1925 - Roald Amundsen lehnt sich vor dem Start auf Spitzbergen
an den Dornier-Wal N-25. Ein Foto aus seinem Buch
„Die Jagd nach dem Nordpol“. |
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Roald Amundsen und der Dornier-Wal N-25 |
Der Norweger Roald Amundsen
(1872 - 1928(?)) will 1925 mit zwei Dornier-Flugbooten den Nordpol erreichen.
Beide Maschinen müssen auf Höhe des 88. Breitengrades auf dem
zerfurchten Packeis notlanden.
In einer schier unmenschlichen Aktion, ohne Werkzeug
und in einer lebensfeindlichen Gegend schaffen die fünf Männer um Amundsen in
knapp vier Wochen 500 Tonnen Eis und Schnee beiseite, um eine
Startbahn auf das gefrorene Meer zu ebnen.
Daheim wird unterdessen die
Rettungsexpedition in die Wege geleitet. So gelten die sechs Männer als
abgestürzt und verschollen. Ein Schicksal, welches Amundsen
drei Jahre später wieder und diesmal endgültig widerfahren soll.
Den Männern gelingt auf dem
Packeis schließlich das
Unglaubliche. Sie ebnen eine 500 Meter lange und zwölf Meter
breite Piste in das kantige Packeis. Mit dem einem Flugboot, dem N-25, können sie zu
sechst an Bord erfolgreich starten, „mit dem Tod als
Fahrgast“, wie es später Amundsen in seinem Buch „Die Jagd
nach dem Nordpol“ schreibt.
Ein Flug von 850 Kilometer bis
Spitzbergen steht den Männern in dem überladenen Flugboot
bevor, wo sie unter dramatischen Umständen erfolgreich wassern
können. Ein Fischkutter kann die Heimkehrer an der Nordküste
aufnehmen und am Abend des 18. Juni nach Ny Ålesund
zurückbringen Amundsen, Dietrichson, Ellsworth, Feucht, Omdal und
Riiser-Larsen sind gerettet.
Ein Jahr später, 1926, kann Amundsen an Bord des
Luftschiffes Norge wirklich den Nordpol erreichen. Damit ist
Roald Amundsen der erste Mensch am Südpol (1911), der erste
Bezwinger der Nordwestpassage (1906), der zweite Bezwinger
(nach dem Schweden Nordenskiöld) der Nordostpassage
(1918-1923) und wahrscheinlich auch der erste Mensch am
Nordpol zusammen mit Umberto Nobile und Lincoln Ellsworth
(1926). Amundsen - ein globaler Wikinger. |
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Links oben im Bild das in Kunstharz
eingegossene Originalteil des Amundsen-Wal. |
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1930 startet der deutsche
Flugpionier Wolfgang von Gronau mit dem Dornier Amundsen-Wal, das
jetzt die Kennung D-1422 trägt, zu seinem Transatlantikflug,
dem ersten Flug von Sylt nach Amerika von Ost nach West. In
mehreren Etappen erreicht er New York und wird dort umjubelt
von dem amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover empfangen.
1932 kommt der Dornier
Amundsen-Wal in das Deutsche Museum nach München. Bei Angriffen 1944/45 wird auch das Museum
von Bomben getroffen. Auch der Amundsen-Wal ist komplett zerstört.
Dennoch können einige wenige Blechteile geborgen werden, die in
Kunstharz eingegossen werden. Sie erinnern heute an das großartige
Dornier-Flugboot.
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(Quelle: Die
Jagd nach dem Nordpol, Mit dem Flugzeug zum 88. Breitengrad,
Roald Amundsen, im Verlag Ullstein, Berlin, o. J.) |
[Ausführlicher
Bericht über den Amundsen-Flug 1925 hier] |
Text und
Fotos:
Th.
Bujack
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Veröffentlichung und Verbreitung nur mit
Einverständnis des Autors!
Alle
Rechte bei der NORDLANDSEITE, 2012
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